001 - Weißes Kreuz
Renoviert: 1984 durch Familie Walter Enzinger, Gföhl, Jaidhofer Gasse 14, sowie dem Verschöne-rungsverein Gföhl. Eingezeichnet im Katastralplan vom Jahre 1869. 1598 zu einem „Raaber-Kreuz“ adaptiert, trägt das Marterl zwei Reliefe (Kreuzigung und Geißelung Christi); jedes zeigt die Inschrift: „Sag Gott dem Herrn Lob und Danck das Raab wider komet ist in der Christen Hand den 29. Marty 1598 Jar.“ Der Name „Kramer-Kreuz“ bezieht sich auf eine ehemalige Gföhler Bürgerfamilie (vgl. auch „Kramerpark“), „Weißes Kreuz“ leitet sich von der gleichnamigen Flur ab. Die Eherne Schlange an der Ostsüdostseite zeigt die Inschrift: „In hoc salus“ (darin liegt das Heil). Einer alten Überlieferung nach sollen unter dem Marterl viele Tote aus der Schwedenzeit (1645) liegen, andere Leute wieder erzählen, hier habe man einst den Aufseher eines französischen Geldtransportes ermordet und beraubt (1809). (Es sind auch die Namen „Schwedenkreuz“ und „Franzosenkreuz“ bekannt). In den Pfarr-matriken gibt es aber diesbezüglich keinen Hinweis. Walter Enzinger verfasste 1984 eine Abhandlung „Das Weiße Kreuz auf der Windighöh“ (Gemeindearchiv Gföhl). Vgl. auch Heimatbuch Gföhl, Seite 399, „Die gebannte Schlange“!
Weißes Kreuz
leuchtet verjüngt im neuen Kleid.
Warst einst Markstein am Weg
zwischen Andacht und Arbeit.
Vor dir in der Senke
duckten sich Häuser
um Brunnen und Gotteshaus.
Hintan lagerten Weiler
Schloß und Gehöft.
Nicht mehr stehst du am Hauptweg
nicht mehr inmitten der Felder.
Statt auf die pflügende Hand
wachst du über das Spiel unsrer Kinder.
Immer im Beschaulichen,
in der Nachbarschaft mit den Siedlern,
immer eingebunden
in die Mitte menschlichen Lebens.
Von den Vorvätern errichtet
zum Gelübde oder Dank
hast du als Mahnmal
über Jahrhunderte
an Vorübereilende
deine Botschaft gerichtet.
Monika Burger
Festprolog anlässlich der feierlichen Segnung des „Weissen Kreuzes“ am Sonntag, 21.10.1984 nach der Renovierung.
Über die Renovierung finden sich auch Berichte in der Lokalpresse:
Land Zeitung, 4.9.1984
„Weißes Kreuz“ renoviert
GFÖHL. Ein Beitrag zur Heimatkunde ist die Gedenkschrift, die Walter Enzinger aus Anlaß der Re-novierung des Weißen Kreuzes, auch Kramerkreuz genannt, auf der Windighöh beim alten
Wasserre-servoir in Gföhl verfaßt hat. Es war sein Anliegen, diesen Bildstock, der schon auf Bildern alter An-sichten Gföhls von 1860 und 1872 abgebildet ist, zu restaurieren, und nahm dazu die
Hilfe des Krem-ser Restaurators Prof. Hubert Bauer in Anspruch. ...
Kremser Zeitung, 44/84
Ahornbaum gepflanzt
„Weißes Kreuz“ nach Sanierung gesegnet
GFÖHL – Bei strahlendem Herbstwetter wurde am 21. 10. beim alten Wasserreservoir auf der Win-dighöh der Bildstock „Weißes Kreuz“, auch Kramerkreuz genannt, von Pfarrer Höllerer gesegnet.
Wie Walter Enzinger ausführte, handelt es sich um einen alten Bildstock, der 1598 als Ge-denkkreuz an die Rückeroberung der ungarischen Festung Raab (Györ) als Raaberkreuz adaptiert wurde,
sicher aber schon älteren Ursprungs ist, wie der Flurname beim „weißen Kreuz“ beweist. ...
Im „Waldviertler Kulturspiegel“, Heft 5, Sept. 1984, erörtert Walter Enzinger die Geschichte des Marterls:
Das „weiße Kreuz“
Bestand:
Der Bildstock steht in der Ried Weißes Kreuz nördlich von Gföhl an der alten Straße nach Jaidhof beim alten Hochbehälter auf der Windighöh.
Er hat eine Größe von 1,10 x 1,10 x 3,50 Meter mit einem gemauerten Spitzdach, steht auf einem etwas größeren Sockel, etwa 2 Meter höher als das umliegende Niveau. Ein Sandsteinkreuz am First
ist mit einer Eisenspange zusammengehalten und gehört zur alten Bausubstanz. Der Bildstock samt dem Dach ist mit gutem Betonmörtel verputzt. Nur unter dem gemauerten Vorsprung sind
Frost-schäden entstanden, da das Wasser vom Dach über das Kreuz abfloss. In diesem Bereich kamen Ziegel zum Vorschein, die wahrscheinlich bei der letzten Renovierung verarbeitet wurden.
Bei der Putzprobe an der Ostseite kam ein Bruchsteinmauerwerk mit Kalkmörtel zum Vor-schein.
Zwei Steinreliefs aus Sandstein, die die Kreuzigung Christi an der Westseite und die Geiße-lung Christi an der Ostseite darstellen, sind mit Kalk und Farbe gestrichen bzw. gefaßt. Die unterste
Schicht ist Kalk. Sie wurden wahrscheinlich noch nie abgedeckt.
Unter den Reliefs sind Inschrifttafeln angebracht, die ebenfalls, vor allem die östliche, vom Dünchen unleserlich ist. Sie haben eine Größe von insgesamt 90 x 65 cm und sind beide Rücken an
Rücken in der Mitte des Bildstockes versetzt, wodurch sich zwei Nischen ergeben. Auf den unteren Reliefs ist folgende in Stein gehauene Inschrift zu lesen: „Sag Gott dem Herrn Lob und Danck das
Raab wider kommt in Christi Hand, den 29. Marty 1598 Jar“
Das an der Südseite in einer Nische angebrachte Kreuz ist aus Eisen, genietet und mit einer Schleife aus Blech verziert. Am Ende der Schleife konnte noch das Wort „Salus“ entziffert werden. Es
dürfte das Christusmonogram geheißen haben: I H S – in hoc salus – „Darin (ist) das Heil“. Angeblich wurde es vom Engleder-Schmied angefertigt. Er war ab 1922 Hausbesitzer von Gföhl Nr.
145.
An der Nordseite ist ebenfalls eine Nische von 10 cm Tiefe zu finden.
Renovierung:
Das Dach wurde mit Kupferblech gedeckt, um Frostschäden zu verhindern.
Die Steinreliefs wurden vom Restaurator Prof. Hubert Bauer aus Krems abgedeckt bzw. frei-gelegt, teilweise ergänzt und abschließend geschlämmt.
Das Eisenkreuz wurde nach Entfernen des Rostes mit einem Roststabilisator gstrichen, bevor es der Restaurator lackierte. Die Schleife wurde ebenfalls gegen Rost behandelt und mit der Aufschrift
vershen: „IN HOC SALUS“.
Die Rosetten und Kugeln, mit denen das Kreuz befestigt ist, wurden vergoldet.
Das Sandsteinkreuz am First war durch die Witterung beschädigt. Es wurde ausgebessert und mit Kalk als Schutz gegen die Witterung gestrichen.
Schließlich wurde der Bildstock mit Fassadenfarbe in gebrochenem Weiß gestrichen. Die Ni-schen wurden in einem hellen beige gehalten, der Sockel mit einem groben Spritzwurf versehen.
Benennung:
Einige Leute von Gföhl und Jaidhof kannten – von vielen Befragten – diesen Bildstock noch als „Weißes Kreuz“. Frau Theresia Knödlstorfer (Gföhl Nr. 2) bezeichnet z. B. heute noch das Grundstück
1039 (Parksiedlung) „Acker beim weißen Kreuz“, wie auch früher ihr Vater.
Herr Ernst Edhofer erinnert sich hingegen auf die Bezeichnung „Kramerkreuz“.
Es wäre möglich, daß es im Zuge der Errichtung des Kramerparkes (ca. 1905) renoviert wurde und deshalb auch als Kramerkreuz bezeichnet wird.
Es dürfte hier eine Parallele vorliegen, denn beim „Haringkreuz“ in der Feldgasse ist bekannt, daß der Marienverehrer Joseph Härink dieses Kreuz neu erbauen ließ. Die ältere Bezeichnung lautet
bei diesem Kreuz „Spitalkreuz“.
In der ersten kartographischen Darstellung vom Jahre 1823 (Franziszeischer Kataster) ist der Standort dieses Bildstockes durch die Wegführung von Gföhl nach Jaidhof, noch im Hohlgraben
(Steinerne Stiege) vor Anlegung des Feuerwehrteiches im Jahre 1868, ein markanter. Die Einzeich-nung des Bildstockes wurde hier offensichtlich vergessen oder damals noch nicht
berücksichtigt.
Im Grundbuch Gföhl, Einlagezahl 371 – 391 scheinen nur „Acker bzw. Wiese beim weißen Kreutz“ auf. Die älteste Eintragung, die vom alten Grundbuch (Landesarchiv) 1886 übertragen wor-den ist, ist
in der EZ 377 zu finden, wo Theresia Westermayer, led., durch Kauf im Jahre 1817 Eigen-tümerin des „Ackers beim weißen Kreutz“ wurde.
Auch Biedermann schreibt, daß „am 5. 2. 1709 fünf Personen unweit des weißen Kreuzes zwi-schen Gföhl und Jaidhof beieinander erfroren gefunden wurden“. Auf zwei Aquarellen (Gföhl vom weißen
Kreuz, von L. Seitle, 1872 und Gföhl vom Kühberg, von Niemec, 1860) steht das Kreuz ganz allein, noch in der baulichen Form vor der letzten Renovierung, jedoch wenig verändert.
Allgemeines:
Alle unsere Kreuze und Bildstöcke sind Kultmale, Träger von religiösen Bräuchen, die in ihnen ihren Niederschlag gefunden haben.
Das „Weiße Kreuz“ ist ein sogenanntes „Raaberkreuz“. Als die Türken Ende des XVI. Jahr-hunderts in Ungarn einfielen, drangen sie bis zur Festung Raab vor (heute Györ), die im Jahre 1594 in ihre
Hände fiel. Die Festung war einer der Hauptstützpunkte gegen die Türken (nur 120 km von Wien entfernt) und die Nachricht von der Wiedereroberung der Stadt durch den Grafen von Schwarzenberg im
März 1598 wurde überall mit größten Jubel aufgenommen. Ein kaiserliches Patent (Verordnung), von Kaiser Rudolf II. am 25.4.1598 erlassen, ordnete an, „dass in Österreich allenthalben die
niederge-fallenen Creuz und Marterseullen wieder aufgerichtet, ie Geschedigten ausgebessert und zu Ewigen Gedächtniss diese deutsche Carmina (Gedicht) eingehauen werden soll: "Sag Gott dem
Herrn Lob und Dank dass Raab ist kommen in der Christen Hand Den 29. Martii 1598 Jar“.
Auf der Niederlage (2 km Richtung Langenlois) links der Straße finden wir ebenfalls ein Raaberkreuz, bei dem noch die ursprüngliche Bauform (Tabernakelnische mit 2 Öffnungen) zu erken-nen ist.
[Im vorliegenden Buch als Nr. 29 angeführt]
Das Weiße Kreuz ist sicherlich älteren Ursprungs, und wurde seinerzeit nur zu einem Raaber-kreuz adaptiert, denn die Namengebung der Fluren in unserer Gegend fand schon um 1500, wenn nicht
schon bald nach Gründung unseres Ortes statt. Es wäre denkbar, daß ein einfaches Steinkreuz, wie sie fast in ganz Europa verbreitet waren, dieser Ried den Namen gab.
Vom 14. bis zum 18. Jhdt. wütete die Pest und es wäre möglich, daß es sich ursprünglich um ein Pestkreuz gehandelt hat, haben doch fast alle älteren Lichtstöcke diese Seuche zum
Errichtungs-grund.
In Gr. Enzersdorf gibt es ebenfalls ein „Weißes Kreuz“. Es steht über einer Pestgrube.
Diesen Bildstock, der fast schon in Vergessenheit geraten ist, was die Benennung anlangt, ist es doch das letzte markante Kreuz in der Gemeinde, das in letzter Zeit nicht renoviert wurde,
sollten wir durch diese Erhebungen und Befragungen doch wieder „Weißes Kreuz“ einheitlich bezeichnen. Man könnte es auch Raaberkreuz nennen, doch war diese Bezeichnung hier nie üblich.
Man sollte es nicht für möglich halten, wie schnell ein Name eines Kulturgutes durch die Ver-bauung und mangelnde Bezeichnung der Riednamen, wie es bei den Bauern üblich ist, in Vergessen-heit
gerät.
Der Bildstock gehört in unsere Landschaft, er schmückt und belebt sie und war für unsere Vä-ter lebende Wirklichkeit. Doch unsere schnellebige Zeit und das Fehlen der religiösen Bindung läßt
uns keinen Blick mehr zur Seite tun.
Wir sollten uns, gerade in der heutigen Zeit, noch mehr Mühe geben, alte Zeugnisse der Ver-gangenheit – ein Teil unseres Kulturgutes – zu bewahren, zu hegen und zu pflegen.
Gföhl, im August 1984
Walter Enzinger
Weißes Kreuz, auch Kramer-Kreuz, Franzosen- u. Pest-Kreuz genannt, Foto 1936
NÖ. Landesbibliothek, Topographische Sammlung