0105 - Schuster, Schneiderin
Besitzer
1887: Huber Theresia
1905: Huber Heinrich und Maria
1907: Witwer
1912: Denk Johann und Josefa
1928: Hagmann Leopold und Anna
1970: Hagmann Mathilde
Friseur Johann DENK
Hauskauf 1912 in Gföhl 105 (Jaidhofergasse 4) und Übersiedelung seines Betriebes von der Wurfenthalstraße 6 in sein neues Heim.
Geschäftsverlegung wieder nach Wurfenthalstraße 6 ab 26. 10. 1926 und Verkauf Gföhl 105 an Leopold Hagmann und Anna.
Amtsblatt vom 4. 4. 1959
Gewerbelöschung
Hagmann Anna, Frauen- und Kinderkleider, Gföhl 105
Amtsblatt vom 16. 5. 1959
Gewerbelöschung
Hagmann Leopold, Schuhmacher, Gföhl 105
Hagmann Leopold u. Anna,
Schuhmacher u. Schneiderin
Im Hause Jaidhofergasse 4 führte das Ehepaar Hagmann gewerbliche Tätigkeiten aus. Anna Hagmann, geborene Kurz, fertigte als Schneiderin für Frauen und Kinder Kleider, Gatte Leopold war als Schuster tätig.
Mathilde Hagmann, * 11. 3. 1927, Tochter, erinnert sich an Elternhaus, Großwerden und das Leben im alten Gföhl:
„Das Leben zu meiner Kindheit war eigentlich sehr schön und sorgenfrei. Ich wuchs in einem konservativen Elternhaus auf, wo auf Erziehung und gutes Benehmen Wert gelegt wurde. Wir waren
insgesamt neun Kinder, aber die Zwillinge starben früh, sodass im Haushalt, auf engstem Raum, zwei Erwachsene und sieben Kinder versorgt werden mussten. Meine Mutter, * 19. 7. 1896, erlernte
das Schneiderhandwerk und übte dieses in weiterer Folge auch aus, Vater, * 12.10. 1895, machte sich als Schuster selbständig und beschäftigte zwei Personen in der Schuhmacherwerkstätte. Das
Zusammenleben auf so engem Raum, noch dazu mit Kundenbesuchen und Angestellten war mitunter recht lustig, da die Schusterbuben Späße machten und so für Heiterkeit im Hause sorgten.
Meine Großmutter wohnte beim „Roßteich“ in der Feldgasse, wo ich manchmal schlief, Großmutter führte großteils den Haushalt, da ja die Eltern beschäftigt waren.
Das Haus wies bis zur Aufstockung im Jahr 1955 nur einen ebenerdigen Trakt auf, woraus man sich die Beengtheit vorstellen kann. Im hinteren Teil das Hauses wohnte die Familie Topf. Herr Topf
war Gemeindebediensteter, ein Beruf, welcher damals hohes Ansehen genoss. Die Familie Topf frühstückte im Sommer immer im Garten, wir Kinder durften dann nicht ins Freie, um die Familie nicht
zu stören. Öffneten wir aber dennoch die Tür und Frau Topf sah uns, winkte sie uns, und wir bekamen eine Scheibe Brot mit Topfenaufstrich.
Die Schule besuchte ich in Gföhl, die Lehrer Mang und Proidl waren sehr nett, ich habe sie noch in guter Erinnerung. Nach der Schule absolvierte ich das sogenannte „Pflichtjahr“ zuhause, da wir
ja einen Gewerbebetrieb führten. Danach trat ich eine Dienststelle bei der Firma Schmöger am Körnermarkt im Lebensmittelgeschäft an. Die Fa. Schmöger führte damals noch Weinhandel als einen
Hauptzweig im Geschäft, und während der russischen Besatzung musste ich des öfteren Wein aus dem Lager für die Russen holen.
Nach dreijähriger Dienstzeit wechselte ich zu Dr. Kowarz als Haushälterin. Gemeindearzt Dr. Kowarz ist mir als mürrischer und sehr grober Mann in Erinnerung. Bereits nach einem Jahr nahm ich
einen Posten bei Kogler/Patz als Haushälterin an. Bei diesen verbrachte ich mein „Dienstleben“ bis zu meiner Pensionierung (rund 40 Jahre).
Die Kunden meiner Eltern setzten sich aus allen gesellschaftlichen Kreisen zusammen und kamen von weit und breit, selbst aus Krems.
Vater, sein Geselle und eine ausländische Hilfskraft (Rumäne) fertigten Schuhe und Stiefel aller Art, besonders beliebt waren die „Haflinger-Schuhe“ (genähte Schuhe). Russische Besatzer ließen
häufig rote Stiefel für die Damen anfertigen. Die Russen beauftragten aber auch meine Mutter mit der Ausführung von „Samtarbeiten“. Samt war bei den Russen ein sehr beliebtes Material. Die
Besatzer bezahlten anständig und ließen uns in Ruhe, obwohl eine zeitlang die russische Kommandantur im Nachbarhaus Daniel untergebracht war und andere Frauen sehr unter der Besatzung
litten.
Eine gute Geschäftsbeziehung bestand auch zu den Angestellten im Gut Jaidhof. Teilweise erfolgte die Bezahlung auch mittels Naturalien.
Zu dieser Zeit war es üblich, dass in fast jedem Haus Tiere zur Eigenversorgung gehalten wurden. So hielten auch die Familie Topf und gegenüber die Fam. Scheichl (Schmiede) Schweine. Bei einer
Hausschlachtung fielen dabei auch für uns Leckerbissen ab. Nach jeder Schlachtung erhielten wir von der Familie Topf Grammeln, bei den Scheichl`s gab es im Tausch für einen Strudel von der
Großmutter eine Blunzn. Die Familie Topf hat aber auch selbst Brot gebacken.
In der Jaidhofergasse führte Frau Resnizek einen Kleinhandelsladen mit Obst, Gemüse und Süßigkeiten. Während meine Geschwister die Zopfschokolade liebten, lag mein Gusto eher bei säuerlichen
Sachen. So bekam ich ab und zu eine Essiggurke mit Senf auf dem Papier überreicht und verzehrte diese mit Hochgenuss.
Zum Wochenmarkt erschienen Frauen aus Rehberg, welche mit Schubkarren ihre Waren transportierten und unter den Linden zum Kauf anboten. Die „Kräutlerinnen“ verkauften Spinat, Erdäpfel, Kraut,
Salat udgl. Diese Mühen kann sich heute niemand mehr vorstellen.
Aushilfsweise arbeitete ich in der Konditorei Matschiner. Die Familie Matschiner zog aus Ottenschlag zu und eröffnete in der Pollhammerstraße ein Kaffeehaus. Wir verkauften bis zu 600
Schaumrollen an einem Tag. Eine unvorstellbare Menge heute.
Die Familien Daniel und Baldt waren verwandt. Die Baldt`s ließen der Familie Daniel Wurstwaren zukommen, jeden Dienstag war „Stockwurst“ angesagt. So kamen auch wir in den Genuss dieser
Köstlichkeiten. Ansonsten war ein Guglhupf am Sonntag der Höhepunkt der Küche.
Im Gebäude der heutigen Volksbank hatte die Molkerei eine Milchtrinkhalle eingerichtet. Hier musste ich während meiner Schulzeit manchmal aushelfen.
Die Jugendzeit prägte eigentlich meine relativ strenge Erziehung. Nur zu den Versammlungen der Pfarrjugend unter Pfarrer Kurka durfte ich fort oder zu besonderen Anlässen. Später besuchte ich
den Tanzkurs und wir eröffneten den traditionellen ÖVP-Ball. Als ich einmal nach dem Ball erst um 8 Uhr morgens nach Hause kam, schimpfte Mutter sehr, doch der Hinweis, dass uns Bürgermeister
Baldt für die Eröffnungseinlage zu einem Gulasch eingeladen hatte, beruhigte sie wieder.
Alles in Allem betrachtet, hatten wir trotz der Beengtheit, der relativen Einfachheit des Lebens, ohne Luxus, dafür aber auch ohne wirklichen Stress, ein schönes, harmonisches
Familienleben.“
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