0096 - Binder
Besitzer
1887: Burker Josef, Traxler
1907: Ney Paul
1919: Topf Karl, Binder, und Josefa
1928: Witwer
1929: Maria durch Heirat
1939: Witwer
1950: Topf Anton, Binder, und Leopoldine
2001: Fischer Elisabeth
Der Binder – ein ausgestorbenes Gewerbe
Aus: Gföhlerwald Kulturspiegel 45/1994
Während 1970 in Gföhl noch zwei Bindermeister [Ramsauer, Topf] den Beruf ausübten, finden wir ab 1975 keinen Vertreter dieses Gewerbes mehr in unserem Ort. Landesweit ist dieser Beruf zurückgegangen, ja großteils ausgestorben bzw. existieren nur mehr einige größere Unternehmen, die allein die Nachfrage nach den Produkten dieser Branche stillen.
Für Anton Topf, geboren 1915 im Hause Nr. 127 im Unteren Bayerland, war es einfach selbstverständlich, in die Fußstapfen seines Vaters, Karl Topf, geboren 1882, zu treten, hatte er doch nur
drei Schwestern. Als er 1929 die Bürgerschule verließ, wurde der Vater auch sein Lehrherr, und er blieb diesem Berufe treu bis zum Eintritt in den Ruhestand. Wo hätte es denn auch in den
wirtschaftlich so miserablen Zwanzigerjahren so ohne weiteres einen Arbeitsplatz gegeben? Als er nach seiner Verwundung 1944 ein Angebot erhalten hatte, im Postdienst in Wien weiterzuarbeiten,
was er als Nachrichtensoldat in der Deutschen Wehrmacht gelernt hatte, überwog doch die Liebe zur Heimat und die Garantie, als Selbständiger dem Vater nachzufolgen.
Schwer war die Arbeit allemal, da sie fast ausschließlich mit Handgeräten und ohne Maschinen verrichtet wurde. Zuerst wurden ausgesuchte Eichenbretterstücke angekauft. Während andere Binder
auch Akazienholz als Rohmaterial verwendeten, schwor Binder Topf immer auf die Eiche, die zwar schwerer zu bearbeiten war, jedoch eine viel längere Haltbarkeit garantierte. Nach den ersten
Arbeiten, wie Zurichten durch Aushöhlen, wurde im Garten ein ordentliches Feuer gemacht, um das Holz leidlich biegsam zu machen. Nun begann erst die schwere Arbeit: Das Holz musste so
bearbeitet werden, damit diese typische Bauchigkeit des Fasses entstand. Metallreifen wurden darübergestülpt und angetrieben, und zwischen jedem einzelnen Holzstück wurde Rohr, das sich ein
ordentlicher Binder selbst aussuchte oder sogar persönlich schnitt, eingespannt, damit die nötige Dichtheit gewährleistet war. Man durfte nur solches Rohr nehmen, das keine Kolben trug, denn
dieses war holzig und daher unbrauchbar.
Eine besondere Genauigkeit verlangte die Erzeugung des Fassbodens, Nachdem die Dauben glatt zugeputzt waren, wurde der Falz „Kimmi“ eingeschnitten, in den der Boden scharf hineinpassen musste.
Alles ging in Handarbeit, denn Maschinen waren sehr teuer und daher in so einem kleinen betrieb nicht tragbar.
Sozusagen „Saisonarbeit“ herrschte im Sommer bis in den Oktober, wurden doch die Fässer meist erst auf Bestellung, und nicht auf Vorrat erzeugt. Da kam es schon vor, dass man nicht die
Arbeitsstunden an einem tag zählen durfte. Auch mancher Samstag musste herhalten, um den Bestellungen halbwegs pünktlich auch nachzukommen. Die Familie Topf hatte doch, wie fast alle
Handwerksbetriebe in Gföhl, eine kleine Landwirtschaft zusätzlich zu betreuen, und der Tag begann in dieser zeit oft um 4 Uhr früh, weil zum Futterholen, zur Heumahd oder zum „Mandelaufstellen“
auf den Feldern auch genug Zeit sein musste. Herrschte nicht gerade auch in der Idylle eines Handwerksbetriebes die Hektik vor, so erzeugten die Binder in den Wintermonaten Krautbottiche,
Fleischschaffeln oder andere verschiedenste Butten, diese aber aus weichem Holz.
Bis zur Gesellenprüfung 1929 bei der „Genossenschaft“ in Krems besuchte Anton Topf die Gewerbeschule in Gföhl, die in der Volksschule untergebracht war. Von Montag bis Donnerstag mussten die
Lehrlinge aller Berufssparten am Abend von etwa 17 Uhr bis 20 Uhr zwischen Oktober und März wieder die Schulbank drücken. Besonders in Erinnerung sind dem damals angehenden Binder bis jetzt die
Stunden geblieben, in denen sie Technisches Zeichnen hatten. Wie tüchtig er in der Schule war, beweisen die bis heute feinsäuberlich aufbewahrten Zeugnisse aus dieser Zeit: Fast nur „Sehr gut“
zieren sie!
Als im Oktober 1936 das Österreichische Bundesheer rief, begann unbewusst eine harte Zeit. Mit einer kurzen Unterbrechung 1937/38 wurde Anton Topf sofort in die Deutsche Wehrmacht übernommen
und schließlich in Schlesien „kriegstüchtig“ gemacht, Er sollte den Waffenrock nicht ablegen dürfen bis zu seiner Verwundung im Jahre 1944.
Nach seiner Rückkehr wandte sich Topf wieder seinem gelernten Berufe zu. Eine unsichere Zeit war die Ära der ersten Besatzungsmonate. Der gut Dreißigjährige wurde zum Polizeidienst in Gföhl
eingeteilt, und eigenartig berührte es ihn, dass sein ehemaliger Deutschlehrer, Josef Wagner, nun sein Untergebener war. So ändern sich die Zeiten. …
Nach den Vorbereitungskursen 1946 und 1949 konnte Anton Topf die Meisterprüfung ablegen, heiraten und den Betrieb von seinem Vater übernehmen. Nun begann die Zeit des Aufbaus, der Arbeit für
die vielen Kunden. Und das Geschäft wäre wohl weiter gut verlaufen, wenn nicht durch die ungünstige Entwicklung der Binderberuf in Schwierigkeiten gerutscht wäre: Durch das Aufkommen des
Plastikgeschirres, der Plastikfässer, aber auch durch die Verbreitung der Waschmaschinen, der Kühlhäuser und Gefriertruhen schwand immer mehr die Nachfrage nach den vom Binder sorgsam erzeugten
waren. Die Firmen lieferten keine Ersatzteile mehr für die Handwerksgeräte: Hatten doch die großen halbautomatischen Maschinen andere Bedingungen an die Wirtschaftswelt gestellt. So manch
ungünstiges Geschäftsjahr brachte es mit sich, dass Herr Topf kein einziges Fass verkaufen konnte: Vor allem, wenn in trockenen Jahren kein Obst für den Most auf den Bäumen hing, kein Kraut auf
den Feldern stand, das spürte auch der Binder ganz entscheidend.
Arbeiteten vor einigen Jahrzehnten noch mehrere Binder in unserer Umgebung, so ist der Beruf heute fast überall ausgestorben. Und wenn man Anton Topf fragt, ob er nochmals Binder werden würde,
so meint er, dass dieser Beruf zwar durch die Arbeit am lebenden Material (Holz) sehr schön war, er jedoch diese so schwere Arbeit nicht mehr machen würde.
Geht man heute die Straße am Unteren Bayerland hinauf, so glaubt man fast, die Zeit wäre stehengeblieben. Die Binderwerkstätte unseres Herrn Topf sieht fast noch so aus wie vor mehreren
Jahrzehnten, doch drinnen ist es still geworden – schade!
1910 erwarben Karl und Josefa Topf das Nachbarhaus Unteres Bayerland 12, CNr. 127, von Ignaz und Franziska Hollerer. Seit diesem Zeitpunkt gehören beide Objekte zusammen.
Amtsblatt vom 18. 10. 1975
Gewerbelöschung
Topf Anton, Fassbinder, Gföhl 127
Bindermeister Topf tot. Bindermeister i. R. Anton Topf, Gföhl, Unteres Bayerland 12, verstarb am 9. Juli 2001 im 86. Lebensjahr.
Download: Gesellenprüfungszeugnis (604.67 KB)
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