REITHER Josef, Landeshauptmann und Bundesminister (1935)

Österreichisches Bibliographisches Lexikon

Reither Josef,

Politiker und Landwirt, geboren am 26.6.1880 in Langenrohr, gestorben am 30.4.1950 in Tulln.
Bauernsohn; übernahm die elterliche Landwirtschaft. 1907 gründete er in Langenrohr einen Spar- und Darlehenskassenverein (Raiffeisenkasse), 1911 eine Rinderzuchtgenossenschaft; 1912 wurde er zum Obmann der Milchgenossenschaft gewählt. 1912 – 1924 war Reither Bürgermeister von Langenrohr. 1918 Mitglied der Exekutive der Arbeiter- und Bauernräte, 1919 Vorstandsmitglied der Genossenschafts-Zentralkasse, ab 1921 niederösterreichischer Landtagsabgeordneter. 1922 gehörte er zu den Gründern der niederösterreichischen Landeslandwirtschaftskammer und wurde ihr erster Vizepräsident, 1922 Obmann der Lagerhausgenossenschaft Tulln. 1925 – 1938 und 1945 – 1949 fungierte Reither als Präsident der niederösterreichischen Landeslandwirtschaftskammer sowie als Präsident der Präsidenten-Konferenz der Landwirtschaftskammern. Durch Jahre hindurch Obmann der niederösterreichischen Genossenschaftszentralkassa, des Verbandes ländlicher Genossenschaften und der niederösterreichischen Molkereigenossenschaften. 1925 – 1931 und 1931/1932 fungierte Reither als Landeshauptmannstellvertreter, 1931, 1933/34, 1934 – 1938 und 1945 – 1949 als Landeshauptmann von Niederösterreich.1934/35 war Reither gleichzeitig Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft. Ab 1928 wirkte Reither als Obmann des nö. Bauernbundes, 1935 – 1938 als Führer des Reichsbauernbundes, der die stärkste politische Organisation Österreichs und entschiedener Gegner des Nationalsozialismus war. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in Österreich war er 1938 – 1941 im KZ Dachau, 1944/45 im KZ Ravensbrück und in Gefängnissen in Berlin. 1945 kehrte Reither nach Wien zurück und wurde von der Provisorischen Staatsregierung zum Landeshauptmann von Niederösterreich ernannt. Reither war in der Ersten Republik die stärkste Führerpersönlichkeit des österreichischen Bauernstandes. Durch seine demokratische Haltung und seinen Kampf um die Unabhängigkeit Österreichs auch bei politischen Gegnern in hohem Ansehen, erwarb er sich insbesondere als Bauernführer und Funktionär des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens hervorragende Verdienste.

Gemeinderat 13.6.1935
Ehrenbürgerernennung: Die Molkereigenossenschaft und die Bauernkammer geben die Anregung, Herrn Bundesminister Reither wegen seiner Verdienste zum Ehrenbürger zu ernennen. Begründung: Reither hat die Molkerei durch Zuwendung von 71.000 S aktiv gemacht, weiters hat er sich für die Bergbauernhilfe für das Waldviertel eingesetzt und sich durch Erwirkung von Subventionen zur Er-bauung von Ställen und Jauchegruben große Verdienste erworben. Auf Antrag des Vorsitzenden er-folgt die einstimmige Ernennung.

Bezirkskundgebung der Vaterländischen Front. Am 13. Oktober 1935 findet die in der Presse angekündigte große Bezirkskundgebung der Vaterländischen Front statt, bei welcher nach einer von Pfarrer Hilber zelebrierten Messe die Bezirksfahne geweiht wird und dem Ehrenbürger des Bezirkes, Minister und Landeshauptmann Josef Reither die Urkunde der Titelverleihung überreicht wird. Nach Ansprachen des Landesführers der V.F., Ing. Dworschak [er ist mit einer Schwester des Gföhler Mechanikermeisters Josef Heß verheiratet], und des Ehrengastes ziehen die Gäste auf der Hauptstraße Richtung Kremserstraße. Voran marschiert der Kameradschaftsverein der Post- und Telegraphenwehr, dann folgt der Mädchenring der O.S.S., die christlich-deutschen Turner, die Feuerwehr, die Wehrverbände, die Reichsbund(Burschenbund)kapelle, die Feuerwehrmusik, und zum Abschluss der Hesserbund. Hauptpunkt ist aber die Enthüllung des „Dollfuß-Denkmales“ in der Kirche neben dem Kriegerdenkmal. Die Tafel aus rotem Marmor trägt die Inschrift: „Unseren Kanzlern Dr. Ignaz Seipel und Dr. Engelbert Dollfuß, Ehrenbürger von Gföhl, in dankbarer Erinnerung“.

Ehrenbürgerernennung gemäß Gemeinderatsbeschluss vom 13.6.1935.
Nichtigkeitsbeschluss vom 14.6.1938

Quellen:

  • Heimatbuch Gföhl, BHW, 1982
  • Österreichisches Bibliographisches Lexikon, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
  • Gemeinderatsprotokoll
  • Bezirkschronik Gföhl II, Friedrich Weber, 2007


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