HELMER Oskar, Minister (1962)

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Oskar Helmer (* 16. November 1887 in Gattendorf / Gata, Ungarn, ab 1921 Burgenland; † 13. Februar 1963 in Wien) war Schriftsetzer, Gewerkschafter, sozialdemokratischer Politiker und langjähriger Innenminister Österreichs in der Nachkriegszeit. Er zählte zu den führenden politischen Persönlichkeiten der SPÖ nach 1945.

Politiker in Niederösterreich
1907 war Helmer Wahlhelfer für Karl Renner in der ersten Reichsratswahl, bei der alle männlichen Staatsbürger Altösterreichs ab 24 Jahren wahlberechtigt waren. 1910 begann Helmer für die sozialdemokratischen Medien Wiener Volkstribüne und Gleichheit zu schreiben und war Parteisekretär in Wiener Neustadt, Niederösterreich. 1920 / 1921 war Helmer als Mitglied der Verwaltungskommission für das neue Bundesland Burgenland (bis dahin Deutsch-Westungarn) engagiert, das 1921 an Österreich angeschlossen wurde.

1921–1934 gehörte er der Niederösterreichischen Landesregierung an, von 1927 an als Landeshauptmann-Stellvertreter; weiters war er Mitglied des Landtags. Als die Sozialdemokratie in Österreich am 12. Februar 1934 von der Diktaturregierung Engelbert Dollfuß' verboten wurde, wurde Helmer – der stets kompromissbereit gewesen war – kurze Zeit in Haft genommen. Von 1935 an war er während der Ständestaatsdiktatur bis 1938 und der NS-Herrschaft in Österreich bis 1945 für eine Versicherungsgesellschaft tätig. Gemeinsam mit Leopold Figl erneuerte Helmer nach Kriegsende im Sommer 1945 die niederösterreichische Landesverwaltung und war bis 1957 SPÖ-Parteiobmann dieses Bundeslandes.

Langjähriger Innenminister
Im Mai 1945 wurde Helmer Unterstaatssekretär (entspricht der heutigen Funktion Staatssekretär) in der ersten Nachkriegsregierung unter Staatskanzler Karl Renner; Staatssekretär (entspricht der heutigen Funktion Bundesminister) für Inneres war bis November 1945 der Kommunist Franz Honner. Nach den ersten Parlamentswahlen war Helmer Abgeordneter zum Nationalrat und als Anhänger einer großen Koalition aus ÖVP und SPÖ von 20. Dezember 1945 bis 16. Juli 1959 in den Regierungen Figl–Schärf, Raab–Schärf und Raab–Pittermann Innenminister. Weiters war er in diesem Zeitraum stellvertretender Parteivorsitzender der SPÖ.

Als für die Exekutive zuständiger Minister musste er sich politisch immer wieder gegen die Besatzungsmächte, insbesondere gegen die Rote Armee, durchsetzen. Er erwarb sich hohes Ansehen durch die Konsequenz, mit der er Kommunisten, die 1945 in die Exekutive und in das Innenministerium eingetreten waren und die er (siehe etwa den KP-Putsch in Prag im Februar 1948) als enormes Sicherheitsrisiko empfand, von tatsächlicher Macht fernhielt und Polizei wie Gendarmerie dem Einfluss der sowjetischen Besatzungsmacht so weit wie möglich entzog. Dazu setzte er Josef Holaubek sehr erfolgreich als Polizeipräsidenten von Wien ein. Während der Oktoberstreiks 1950, die von vielen als kommunistischer Putschversuch bewertet wurden, zeigte er eine feste Haltung.
1957 war er einer der Karl-Renner-Preis-Träger. Nach seinem Ausscheiden aus den beiden politischen Ämtern wurde er Präsident der staatseigenen Länderbank.

Oskar Helmer starb 1963 und wurde in seinem langjährigen Wohnort Oberwaltersdorf in einem Ehrengrab beigesetzt. Nach ihm wurden Straßen in Stockerau, Gattendorf, Teesdorf und in St. Pölten sowie Wohnanlagen in Wien und Pressbaum, Niederösterreich, benannt. Weiters besteht in Oberwaltersdorf eine Oskar-Helmer-Schule.

Kritische Bewertungen
Oskar Helmer hat seine antisemitischen Neigungen in der SPÖ nicht verborgen: Auch viele ehemals prominente Sozialisten wurden nicht zur Rückkehr eingeladen, wobei 1946 auch subkutane antisemitische Grundtendenzen in dieser Politik sichtbar zutage traten (...). So stellte Friedl Schorsch (...), ehemaliger Gewerkschafter und aktiver Schutzbundführer im Bürgerkrieg im Februar 1934, nach seiner selbstorganisierten Rückkehr aus den USA am 3. Juli 1946 fest: „Nach Darstellung Hillegeists und vielen anderen in seiner Umgebung sind Schärf und Helmer die treibenden Antisemiten in der Partei, die im internen Kreis angeblich alle Naziausdrücke weiterverwenden.“ Auch Kreisky (...) wurde noch in den 1950er Jahren Zeuge von antisemitischen Witzen (...) Helmers (...).
Was den Juden weggenommen wurde, kann man nicht auf die Plattform „Großdeutsches Reich“ bringen. Ein Großteil fällt schon auf einen Teil unserer lieben Mitbürger zurück. (...) Ich sehe überall nur jüdische Ausbreitung (...) Auch den Nazis ist im Jahre 1945 alles weggenommen worden (...) Ich wäre dafür, dass man die Sache in die Länge zieht. (...) Die Juden werden das selbst verstehen, da sie im klaren darüber sind, dass viele gegen sie Stellung nehmen.
(Innenminister Oskar Helmer in der 132. Ministerratssitzung vom 9. November 1948 zur Frage, wann entzogenes jüdisches Eigentum zurückzuerstatten oder zu entschädigen sei).

Helmer war maßgeblich an der Verschleppung der Entschädigungszahlungen für die Opfer des Nationalsozialismus in Österreich beteiligt. Während seiner Zeit als Innenminister setzte er sich zudem wiederholt für die vorzeitige Begnadigung von verurteilten Nationalsozialisten ein. Unter den Begnadigten waren auch mehrere von Volksgerichten rechtskräftig verurteilte Mörder.

Brief an Justizminister Josef Gerö zur Begnadigung von NS-Tätern:
"Lieber Freund! In Anbetracht der bevorstehenden Weihnachtszeit gestatte ich mir, in der Anlage eine Liste von wegen politischer Delikte in der Strafanstalt Stein inhaftierten ehemaligen Nationalsozialisten zu übermitteln. Die genannten Personen scheinen infolge ihrer persönlichen sowie ihrer familiären Umstände für die Einbeziehung in eine Weihnachtsamnestie geeignet. [...] Mit besten Grüßen Oskar Helmer"

Im Vorfeld der Nationalratswahl 1949 warben beide Großparteien um die Stimmen der nun wieder wahlberechtigten ehemaligen Nationalsozialisten. Die ÖVP führte diese Kontaktaufnahme im Rahmen der sogenannten Oberweiser Konferenz durch. Aufseiten der SPÖ war vor allem Helmer in diesem Zusammenhang besonders aktiv. Im August 1949 kam es in Gmunden zu einem Zusammentreffen Helmers mit prominenten ehemaligen Nationalsozialisten (u.a. Erich Kern), wo Helmer um Unterstützung für die SPÖ warb. Zu seinem Motiv erklärte Helmer: „Wenn ich die Nazi net betreu, betreut sie der Maleta in Oberweis“.

Gemeinderat 2.8.1962
Ehrenbürgerernennung:
Herr Bürgermeister Franz Baldt teilt den anwesenden Herrn Gemeinderäten mit, daß alle Gemeinden des Gerichtsbezirkes Gföhl, Herrn Landeshauptmann DDDr. h.c. Dipl. Ing. Leopold Figl zum Ehrenbürger ernennen. Er stellt daher den Antrag, daß auch die Gemeinde Gföhl einen diesbezüglichen Beschluß fassen soll. Herr GR Ernst Tiefenböck erklärt, daß die sozialistische Fraktion sich der Stimme enthalten wird und beantragt nach längerer, teilweise heftiger Debatte, diesen Punkt der Tagesordnung zu vertagen. Nach zweimaliger Unterbrechung und einer fast ¾ Stunde langen Diskussion wurde einstimmig beschlossen, diesen Punkt von der Tagesordnung abzusetzen und am Montag, dem 6. August 1962 neuerlich eine Gemeinderatssitzung einzuberufen, in welcher über die Ehrenbürgerernennung des Herrn Landeshauptmannes Beschluß gefaßt werden soll.

Gemeinderat 6.8.1962
Ehrenbürgerernennung:
Herr Bürgermeister verliest einen schriftlichen Antrag der sozialistischen Fraktion mit folgendem Inhalt:

„Der Gemeinderat möge beschließen, die Herren DDDr. h.c. Ing. Leopold Figl und Bundesminister a. D. Oskar Helmer zu Ehrenbürgern der Marktgemeinde Gföhl zu ernennen. Die Ernennung und Verleihung des Ehrenbürgerrechtes muß zu gleicher Zeit erfolgen.“

Herr Bürgermeister erklärt, daß die ÖVP-Fraktion bereit ist, auch Herrn Bundesminister a. D. Oskar Helmer zum Ehrenbürger der Marktgemeinde Gföhl zu ernennen, vorausgesetzt, daß die sozialistische Fraktion der Ehrenbürgerernennung des Herrn Landeshauptmannes von Niederösterreich DDDr. h.c. Dipl. Ing. Leopold Figl zustimmt. Eine gemeinsame Ernennung und Verleihung des Ehrenbürgerrechtes ist jedoch aus technischen Gründen nicht möglich, weil Herr Landeshauptmann Figl nicht von der Marktgemeinde Gföhl alleine, sondern von allen Gemeinden des Gerichtsbezirkes Gföhl zum Ehrenbürger ernannt werden soll und die Überreichung der Ehrenbürger-Urkunde ebenfalls gemeinsam durch Vertreter aller zum Gerichtsbezirk Gföhl gehörigen Gemeinden erfolgen wird. Die Übergabe der Ehrenbürgerurkunde an Herrn Bundesminister a. D. Oskar Helmer könnte daher eine oder zwei Wochen nach Überreichung an Herrn Landeshauptmann Figl erfolgen. Mit diesem Kompromißvorschlag erklärten sich die sozialistischen Gemeinderäte jedoch nicht einverstanden, sondern sie bestanden weiterhin darauf, daß die Ernennung und Verleihung zu gleicher Zeit erfolgen muß.

Daraufhin bricht Herr Bürgermeister Franz Baldt die Debatte ab und beantragt Herrn Landeshauptmann DDDr. h.c. Dipl. Ing. Leopold Figl in Würdigung seiner besonderen Verdienste um die Republik Österreich, dem Bundesland Niederösterreich und der Gemeinde zum Ehrenbürger der Marktgemeinde Gföhl zu ernennen. Für den Antrag stimmten 10 Gemeinderäte (ÖVP-Fraktion), während sich 6 Gemeinderäte (SPÖ-Fraktion) der Stimme enthielten. Da die erforderliche ¾ Mehrheit nicht gegeben war, galt der Antrag als abgelehnt. Sodann wurde über den Antrag der sozialistischen Fraktion, Ehrenbürgerernennung von Bundesminister a. D. Oskar Helmer, abgestimmt. Für den Antrag stimmten 6 Gemeinderäte (SPÖ), während sich 10 Gemeinderäte der Stimme enthielten (ÖVP-Fraktion), sodaß auch dieser Antrag abgelehnt wurde.

Kremser Zeitung. 14.8.1962
SPÖ blockiert Ehrenbürgerernennung

GFÖHL. – Am 2. August fand in der Marktgemeinde Gföhl eine Gemeinderatssitzung statt, bei der nach Erledigung einiger unbedeutender Gemeindeangelegenheiten der Beschluß gefaßt werden sollte, über Antrag der ÖVP-Fraktion Landeshauptmann Dr. Ing. Leopold Figl wegen seiner Verdienste um unser Vaterland und vor allem auch um die engere Heimat das Ehrenbürgerrecht zu verleihen.

Der Bürgermeister teilte dazu mit, daß alle 38 Gemeinden des Gerichtsbezirkes beschlossen hätten, unseren sehr verdienten Landeshauptmann das Ehrenbürgerrecht zu verleihen und ihm in einer gemeinsamen Feier die Urkunde zu überreichen. Wider Erwarten erklärte die SPÖ-Fraktion, daß sie nicht in der Lage sei, ihre Zustimmung zu geben, da sie zuerst bei der Bezirksparteileitung rückfragen müsse. Dies löste einige Verwunderung aus, da bisher angenommen wurde, daß die von der Bevölkerung gewählten Gemeindevertreter aus eigenem Wissen und Gewissen zu handeln hätten.

Die SPÖ hat durch diesen Beschluß gezeigt, daß sie ferngelenkt wird und daß nicht das Wohl der Gemeinde, sondern der Wille kleiner und ganz kleiner Parteisekretäre für ihr Handeln ausschlaggebend ist. Die ÖVP-Fraktion stimmte trotzdem einer Vertagung zu, um den Gemeinderäten der anderen Fraktion den Befehlsempfang zu ermöglichen. Die Gföhler werden sich allerdings wundern, wenn sie erfahren, daß Gemeindepolitik von seiten der SPÖ nur mit Zustimmung der Bezirksparteileitung in Krems gemacht werden kann.

Es wurde also für Montag, 6. August, eine neue Sitzung einberufen. Zu dieser Sitzung brachte nun die sozialistische Fraktion den Vorschlag, neben dem Landeshauptmann auch den Innenminister a. D. Oskar Helmer zum Ehrenbürger zu ernennen und ihm am gleichen Tag und zur selben Stunde die Urkunde zu überreichen. Nun ist gegen die Person des sehr verdienstvollen ehemaligen Innenministers bestimmt nichts einzuwenden, und die ÖVP-Fraktion erklärte sich auch bereit, der Ernennung zuzustimmen, doch sollte sie nicht zur selben Zeit erfolgen, da dies praktisch unmöglich sei, da ja nicht Gföhl allein, sondern alle 38 Gemeinden des Bezirkes gemeinsam dem Landeshauptmann das Ehrenbürgerrecht verleihen wollen,...

Die ÖVP schlug daher vor, die Überreichung der Urkunde an den Innenminister 8 oder 14 Tage später vorzunehmen. Leider war dazu nicht die Zustimmung der Sozialisten zu erhalten...

Die Gföhler fragen sich allerdings, was solche Gemeindeangelegenheiten die Parteisekretariate angehen, und sie werden sich wahrscheinlich bei der nächsten Gemeinderatswahl wohl überlegen müssen, ob sie auch weiterhin solch getreue Befehlsempfänger in die Gemeindestube entsenden sollen, oder Männer die den Mut haben, aus eigenem Gewissen und aus eigener Entscheidungsfreiheit zu handeln. Durch dieses Verhalten haben die Gemeinderäte der SPÖ auch die bisher gute Zusammenarbeit in der Gemeinde zerstört, was wohl im Interesse des Parteisekretärs oder eines anderen Managers, nicht aber im Interesse der Gemeinde gelegen sein kann.

Antrag auf Ehrenbürgerernennung für Dipl. Ing. Figl und Dr. Helmer. Am 8. September 1962 richten Gemeinderäte der ÖVP und der SPÖ ein gemeinsames Schreiben an den Bürgermeister, worin die Ehrenbürgerernennung für Dipl. Ing. Figl und Dr. Oskar Helmer beantragt wird. Offensichtlich konnten in Parteiengesprächen die Zwistigkeiten ausgeräumt werden, sodaß eine gemeinsame Beschlußfassung und Vorgangsweise hinsichtlich der Überreichung der Urkunden gefunden wurde.

Gemeinderat 9.9.1962
Ehrenbürgerernennung:

Über gemeinsamen Antrag der ÖVP und SPÖ-Gemeinderatsfraktionen wurde einstimmig beschlossen, den Herren Landeshauptmann DDDr. h.c. Dipl. Ing. Leopold Figl und Bundesminister a. D. Oskar Helmer, auf Grund ihrer Verdienste, die sie sich in schwerster Zeit um die Republik Österreich und ihre Bevölkerung erworben haben, das Ehrenbürgerrecht der Marktgemeinde Gföhl zu verleihen. Die Überreichung der Ehrenbürgerurkunde an Herrn BM a. D. Oskar Helmer erfolgt in der Woche vom 16. bis 23. September 1962 durch eine Delegation des Gemeinderates der Marktgemeinde Gföhl unter Führung des Herrn Bürgermeisters Franz Baldt und der Teilnahme von mindestens je zwei Vertretern der Gemeinderatsfraktionen in Wien.

Die Überreichung der Ehrenbürgerurkunde an Herrn Landeshauptmann DDDr. h.c. Dipl. Ing. Leopold Figl erfolgt anläßlich der geplanten Festlichkeiten am 23. September 1962 in Gföhl.

Herr Bundesminister a. D. Oskar Helmer und die anderen Ehrenbürger der Marktgemeinde Gföhl sind zu den am 23. September 1962 in Gföhl stattfindenden Festlichkeiten als Ehrengäste einzuladen.

Land Zeitung. 13.9.1962
Gföhl ernannte LH. Figl zum Ehrenbürger

In einer kurzen Sitzung am Sonntagvormittag beschloß der Gemeinderat der Marktgemeinde Gföhl einstimmig Landeshauptmann DDDr. h.c. Dipl. Ing. Leopold Figl zum Ehrenbürger zu ernennen.

Zugleich wurde der verdiente ehemalige Innenminister Oskar Helmer durch Verleihung der Ehrenbürgerschaft ausgezeichnet..Die Überreichung der Ehrenbürgerurkunde an den Landeshauptmann Figl erfolgt am 23. September im Rahmen der Gföhler Großveranstaltung.

Ehrenbürgerernennung gemäß Beschluss des Gemeinderates vom 9.9.1962

Quellen:

  • Heimatbuch Gföhl, BHW, 1982
  • Wikipedia
  • Land Zeitung
  • Kremser Zeitung
  • Bezirkschronik Gföhl III, Friedrich Weber, 2008


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